Urlaub auf dem Bauernhof

Zweitägige Fachtagung zum Thema Nachhaltigkeit für Anbieter

Urlauber verreisen gerne energie- und klimaschonend, das Umwelt-Bewusstsein der Feriengäste wächst stetig. Reisende wünschen die Nutzung lokaler Ressourcen, Energieeffizienz, Produkte vom Hof oder nachhaltige Ausstattung, um sich wohlzufühlen. Namhafte Experten und erfahrene Praktikerinnen informierten die Ferienhofbetreiber zum Thema Nachhaltigkeit an einer Online-Vortragsreihe und zeigten die konkrete Umsetzung in der Praxis.

Ergänzt wurde der theoretische Input durch mehrere Exkursionen mit Praxisbeispielen vor Ort. Veranstalter der Fachtagung waren die Landratsämter Breisgau-Hochschwarzwald und Ortenaukreis in Kooperation mit den Unteren Landwirtschaftsbehörden der Landratsämter Emmendingen, Konstanz, Lörrach, Rottweil, Schwarzwald-Baar-Kreis, Tuttlingen und Waldshut.

Blick in eine rustikale Küche

Exkursion im Ortenaukreis

Im Ortenaukreis ging es auf drei Ferienhöfe, die ihren Gästen Urlaub mit ökologischem Mehrwert bieten und nachhaltige Ideen umsetzen. Die über 20 Teilnehmenden aus ganz Südbaden waren neugierig, wie andere das Thema Nachhaltigkeit auf ihren Höfen umsetzen und nutzten die Gelegenheit, sich mit Berufskollegen auszutauschen.

Lydia Lehmann und Adrian Bürkle vom Landwirtschaftsamt Offenburg organisierten und begleiteten die Exkursion.  „Es geht einem das Herz auf, wenn man in diese Landschaft kommt“, so begrüßte Landrat Frank Scherer die Gruppe zum Start der Exkursion auf dem Weinbaubetrieb von Ingrid und Winfried Laible in Durbach. Er hob die Bedeutung der Einkommenskombinationen in den Betrieben hervor. Durch verschiedene Standbeine gelinge es den Höfen, den Strukturwandel zu bestehen.

Blick auf eine rustikale Sitzecke

Stillvoll und nachhaltig mit eigenem Holz und eingelagertem Sandstein

Winfried Laible, „Winzer aus Überzeugung“, wollte nach der Betriebsübernahme eines Gemischtbetriebes 1991 etwas Innovatives, in die Zukunft Weisendes aus seinem Betrieb machen.  Zu Obst- und Weinbau samt eigener Brennerei kam ein Hofladen dazu, ein Backraum wurde eingerichtet und 2022 wurden zwei der drei Ferienwohnungen modernisiert. Nachhaltigkeit war bei Laibles immer im Blick: Der urige Eventraum für bis zu 30 Personen wurde an der Stelle eines alten Schopfes mit vorhandenen alten Abbruchmaterialien wie Sandstein und mit regionalen Materialien neu erstellt und eingerichtet. „Es sollte etwas Besonderes werden, Gemütlichkeit ausstrahlen“, so Wilfried Laible.

Bei der Ausstattung und Einrichtung der Ferienwohnungen achtete die Familie zudem auf hochwertige, langlebige und zugleich pflegeleichte Materialien. Eine effiziente und kräftesparende Reinigung der komfortablen und gut ausgestatteten Wohnungen war Ingrid Laibe wichtig. Die Möbel wurden aus eigenem Kirschbaumholz gefertigt. Im Obst- und Weinbau arbeitet Laible nach dem integrierten Ansatz, verzichtet auf die offene Bodenbearbeitung, baut Humus auf und meidet Bodenversiegelung. Seit drei Jahren baut er pilzwiderstandsfähige Rebsorten (PiWi) an.

Nachhaltig aufgestellt ist der Weinbaubetrieb auch in Sachen Energie. Der Strom wird mit der Photovoltaikanlage selbst erzeugt und gespeichert, Sonnenkollektoren bereiten das Heißwasser und an der hofeigenen E-Ladestation kann der Gast sein E-Auto tanken.

Zweite Station:
Denkmal trifft Moderne

Jochen Basler, Diplom-Ökonom, und Ehefrau Kirsten Pieper, Literaturwissenschaftlerin, übernahmen die Weinreben der Familie und gründeten 2017 in Zell-Weierbach das eigene Weingut. Den eigenen naturbelassenen Wein „Naturwein“ vermarkten sie direkt über Gastronomie, Handel oder an Endkunden ab Hof und im Buchladen von Kerstin Pieper.

Im denkmalgeschützten Hofgebäude, einem ortstypischen Fachwerkhaus, bauten sie zwei Ferienwohnungen ein und richteten im historischen Weinkeller einen Probier- und Verkaufsraum ein, in dem auch Literatur- und Musik-Events stattfinden.

Die Exkursionsteilnehmenden erfuhren von den besonderen Herausforderungen während der Sanierung, den schiefen Wänden und unebenen Böden, die Lösungen von der Stange verhinderten  - und wie es dennoch gelang, die Bausubstanz zu erhalten. Bei der Renovierung verwendeten sie traditionelle Baustoffe wie Lehm- und Kalkputz und natürliche Baumaterialien, versuchten zu erhalten, was möglich war und ließen Wände, Decken, Türen oder Holzböden fachgerecht von den regionalen Handwerkern aufarbeiten und somit alte Schätze in neuem Glanz erstrahlen. Kombiniert mit moderner, hochwertiger und langlebiger Einrichtung haben diese Wohnungen in alter Substanz eine besondere eigene Ausstrahlung.

Ferienwohnung und Vesperstube in Vollholz

Letzte Station war der Schmalzenhof der Familie Neumaier, ein typischer Schwarzwaldhof, gelegen auf 500 Metern in einem Seitental von Hofstetten. Matthias Neumaier, gelernter Metzger und Landwirt, und Ehefrau Katharina haben den Betrieb 2023 übernommen. Der Schmalzenhof ist ein Ökobetrieb mit vielen Standbeinen wie Direktvermarktung, Urlaub auf dem Bauernhof, Vesperstube, Brennerei, Dauergrünland, Wald, Limousin-Mutterkühen und Pferdezucht von Schwarzwälder Füchsen.

Die Familie schlachtet ihre Rinder in der hofeigenen Schlachtstätte und vermarktet ihre Fleisch- und Wurstwaren, selbst gebackenes Brot und weitere selbst erzeugte Produkte im Hofladen. 2019 wird der denkmalgeschützte Kornspeicher zu einer Vesperstube mit Platz für 50 Personen umgebaut und im Dachgeschoss über der Vesperstube ist eine Ferienwohnung eingerichtet.

Die Vesperstube ist in Vollholz – vorwiegend Altholz des alten Speichergebäudes – ausgestattet. Und die Ferienwohnung sind aus reinem, unbehandeltem Holz gebaut. Beim Bau wird auf Metall so weit wie möglich verzichtet. Die Feriengäste seien begeistert vom Raumklima des unbehandelten Holzes und melden weiter zurück, „dass man ja gar keine Heizung anmachen muss“.

Blick in ein rustikales Schlafzimmer

Eingerichtet ist die Wohnung überwiegend mit Holzmöbeln - aus Kostengründen vom Möbelhandel und nicht vom Schreiner vor Ort. Nachhaltig ist auch die Energieversorgung auf dem Betrieb. Strom kommt von der Photovoltaikanlage auf dem Dach, geheizt wird mit Hackschnitzeln aus dem eigenen Wald, nur die Vesperstube ist über eine Fernwärmeleitung erschlossen. Das Wasser stammt aus verschiedenen Quellen und wird mit Solar erwärmt. Etwa 80 Prozent der Gäste verpflegen sich in der Vesperstube und decken sich mit dem, was der Betrieb selbst erzeugt, im Hofladen ein.

Die Betriebsbesuche wurden jeweils durch einen Austausch von Tipps, Ideen und Erfahrungen abgerundet. Die Exkursionsteilnehmenden beleuchteten dabei ihre eigenen Höfe unter Nachhaltigkeitsaspekten und tauschten sich unter anderem über zukünftige Herausforderungen im Landtourismus aus.

Ergebnis war auch, dass viele Ferienhofbetreiber bereits nachhaltig leben und handeln. Großes Defizit besteht allerdings in der Kommunikation des Themas gegenüber den Gästen und in der Motivation dieser zum Nachhaltigkeitsengagement.