Bedeutender Nachlass geht an den Landkreis

Schenkungsvertrag für Romuald-Hengstler-Werke unterzeichnet / Pionier der skripturalen Malerei

Es war ein emotionaler Moment für Christina Sigle, als sie bei der Vertragsunterzeichnung vom Vermächtnis ihres Vaters sprach – und der Verantwortung, die sich daraus ergibt, die mehr als 300 Bilder und ungezählten Zeichnungen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und zugleich dafür zu sorgen, dass die wichtigsten Werke als Gesamtes erhalten bleiben. Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel dankte Christina Sigle für das große Vertrauen in den Landkreis, das sich in dieser Schenkung zeige, und gab zugleich ein Versprechen ab: „Wir sind mit solchen Nachlässen nicht nachlässig.“

Zwei Hände halten ein aufgeschlagenes Tagebuch mit einer ZeichnungReinhard Sigle mit einem der 164 Bände von Hengstlers bildlichen Tagebüchern „Briefe-Wochen“, die als Gesamtes in den Besitz des Landkreises übergehen.

Der Landkreis werde, so versicherte Michel, mit den Werken arbeiten und sie so zugänglich machen, wie es sich die Familie wünsche. Dass mit der Kreissparkasse und dem Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW) zwei finanzielle Unterstützer für den Kunstbereich vorhanden seien, sei ein Glücksfall in Zeiten, in denen die in denen die Hoffnungen schmaler werden.

Johannes Waldschütz, Leiter des Stabsbereichs Archiv, Kultur, Tourismus im Landratsamt, skizzierte bei der Vertragsunterzeichnung die Bedeutung des Werks Romuald Hengstlers. Gemeinsam mit Erich Hauser, Franz Bucher und Felix Schlenker hatte der Deißlinger Künstler Rottweil in den 1960er und 1970er-Jahren zu einem Zentrum der Gegenwartskunst gemacht. 1970 hatte die sogenannte „Viererbande“ dann das „Forum Kunst“ gegründet.

Hengstler galt ab den frühen 1960er-Jahren als Pionier der skripturalen Malerei – Sprache erscheint in seinen Werken als grafische Form. Dabei setzte Hengstler die Methode der Schichtung ein, er überarbeitete seine Bilder immer wieder mit einer neuen Farbschicht. So entstanden Werke mit gitterartigen Strukturen, komplexen Farbräumen und einer Tiefendimension. Dabei gibt es eine Besonderheit: Romuald Hengstler dokumentierte seine Überarbeitung der verschiedenen Bildzustände jeweils auf der Rückseite des Werks (Foto).

Auf einer Leinwand befinden sich viele bunte Striche, daneben stehen jeweils Datumsangaben

Bernhard Rüth, Vorgänger von Johannes Waldschütz im Landratsamt und immer noch aktiv in Sachen Kunst im Landkreis unterwegs, schilderte den Weg vom ersten Gespräch mit der Familie Sigle bis zum fertigen Schenkungsvertrag. „Die ersten Gespräche haben wir im Jahr 2021 aufgenommen“ erinnerte er sich, „damals noch ergebnisoffen“. Zusammen mit Rainer Pohler aus dem Stabsbereich hatte er das umfangreiche Werk gesichtet und gemeinsam mit der Familie Sigle die Auswahl der Werke getroffen, die jetzt in den Besitz des Landkreises übergehen. Rüth bezeichnete Romuald Hengstler als „Spitzenrepräsentant der Malerei der zweiten Moderne im Rottweiler Kunstraum“.

Ein Mann und eine Frau sitzen am Tisch und unterschreiben Dokumente, ein zweiter Mann schaut im Hintergrund zu.

Nach den kurzen Ansprachen folgte die Unterzeichnung des Schenkungsvertrages durch Christina Sigle und Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel. Damit erhält der Landkreis 109 Werke: Ölbilder, Aquarelle, Radierungen, Linolschnitte und Zeichnungen aus dem Zeitraum von 1948 bis 2001. Außerdem sind 164 Bände von Hengstlers bildlichen Tagebüchern „Briefe-Wochen“ von 1979-1984 Teil der Schenkung.

Eine Gruppe von Menschen schaut in die Kamera, zwei halten Zeichnungen, einer hält ein BuchGruppenbild mit Kunst: Bernhard Rüth, Christina Sigle, Johannes Waldschütz, Landrat Dr. Michel und Reinhard Sigle nach der Vertragsunterzeichnung.

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Redakteur / Urheber
Andi Schmider