Sebastian Deger ist Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft und verfügt über zusätzliche Qualifikationen im chemischen Bereich. Er ist einer der Spezialisten, die noch bis Ende März im Landkreis Rottweil mit der Problemstoffsammlung unterwegs sind. Denn zweimal jährlich, so sieht es der Vertrag zwischen der Firma Alba als Entsorger und dem Landkreis als Auftraggeber vor, wird Problemstoff in den Gemeinden und Städten – an insgesamt 77 Sammelstellen.
Der Tag beginnt früh für Sebastian Deger und seinen Kollegen, der den LKW fährt. Um 8 Uhr müssen die beiden in Kaltbrunn parat stehen, kurz vor der Kreisgrenze zu Freudenstadt. Die beiden starten in Dunningen bei Alba, mit Zugmaschine und Anhänger. Die Zugmaschine transportiert das eigentliche Schadstoffmobil, einen geschlossenen Abrollcontainer, in dem der abgegebene „Sondermüll“ später sicher aufbewahrt und transportiert wird. Auf dem Anhänger steht eine Abrollmulde, ein Container, der zusätzliche Platzkapazität bietet.
Am Ziel angekommen, heißt es erstmal: Aufbau. Der Anhänger wird abgekoppelt, der Container wird an den dafür vorgesehen Platz gefahren, abgeladen, dann fährt der LKW zurück zum Anhänger, holt die Mulde, stellt sie neben das Schadstoffmobil. Währenddessen öffnet Sebastian Deger die Türen am Schadstoffmobil, lädt einen Tisch aus, stellt blaue Fässer daneben. Seit der Ankunft sind mehr als 15 Minuten vergangen.
Der Start am kalten Morgen beginnt sehr verhalten, nur wenige Leute geben etwas ab. Sebastian Deger erzählt, wie gerne er seinen Beruf macht, weil er interessant, abwechslungsreich und durchaus anspruchsvoll ist. Das Zeitfenster für den Stopp in Kaltbrunn ist eine halbe Stunde lang. Um halb neun wird wieder zusammengepackt, die ganze Prozedur in umgekehrter Reihenfolge. 72 Mal werden Sebastian Deger und seine Kollegen während der zwölf Sammeltage im Kreis alles auf- und wieder abgebaut haben.
„Der Auf- und Abbau ist wirklich aufwendig, aber das gehört halt dazu“ sagt Sebastian Deger. Deshalb sind ihm längere Stopps in größeren Gemeinden lieber – wie beispielsweise in Schiltach. Hier stehen die Menschen bereits Schlange, als Deger und sein Kollege mit dem LKW ankommen. Eine uralte Ölkanne, verrostet und mit dem Staub der letzten Jahrzehnte überzogen, geht über den Tisch. „Keine Ahnung, was da wirklich drin ist…“ Ein kurzer Check: Es ist tatsächlich Altöl, das gleich vor Ort aus der Kanne in einen dafür vorgesehenen Auffangbehälter gekippt wird.
Alles, was bei Sebastian Deger abgegeben wird, muss sofort „versorgt“ werden. Ob Säure, Lauge, Wasserstoffperoxid, Chemikalien, ein alter Feuerlöscher oder Lösungsmittel – jeder Stoff hat seinen Platz im Schadstoffmobil, wird entweder vor Ort gleich ins Mobil ausgekippt, wie Altöl oder Lösungsmittel (natürlich getrennt voneinander), oder mitsamt Behältnis in ein Fass gepackt. Ist ein Fass voll, wird es verschlossen und mit der korrekten UN-Nummer und dem passenden Warnaufkleber gekennzeichnet.
So auch das Fass mit den Batterien. Bevor hier der Deckel zugemacht wird, kippt Sebastian Deger ein krümeliges Substrat darüber. „Batterien darf man nicht unterschätzen. Gerade Lithium-Batterien können sich, wenn Kurzschlüsse auftreten, etwa, wenn Plus- und Minus-Pol über elektrische Leiter in Kontakt kommen, zur Hitzeentwicklung und damit zum Brand führen.“ Der Tipp des Fachmanns in Sachen leere Batterien: „Um einen Kurzschluss zu vermeiden, sollten die Pole von Batterien mit Isolierband, oder, alternativ, Klebeband abgeklebt werden.“
Den ganzen Tag über nimmt Sebastian Deger geduldig alles entgegen, was die Menschen umweltgerecht entsorgen möchten, von der Energiesparlampe bis zum leeren Ölkanister. Vieles ist sehr alt, hat offenbar viele Jahre im Keller geschlummert, darunter echte Raritäten: Rattengift, auf dem noch ein handgeschriebener D-Mark-Aufkleber zu sehen ist, Putzmittel aus den 70ern, uralte Fieberthermometer. Deger erklärt wiederholt, dass Medikamente kein Problemstoff, sondern Restmüll sind.
Inzwischen ist auch klar, wozu die Abrollmulde gut ist: für Dispersionsfarben und Lacke. Sie machen auch heute den Löwenanteil bei der Schadstoffsammlung aus, und am Ende des Tages und drei Haltestellen weiter ist der offene Container fast voll. Ein letztes Mal heißt es Zusammenpacken, bevor Sebastian Deger im Problemstofflager bei Alba das Schadstoffmobil für den nächsten Tag wieder einsatzbereit macht. Der Container muss mit neuen, leeren Behältern bestückt werden. Vorher lädt Deger die vollen Fässer mit dem Stapler aus und stellt sie an die richtigen Plätze in der Halle – darunter auch jenes, in dem die alte, verstaubte Glasflasche mit der Säure steckt.