Zu der in einem offenen Brief geäußerten Kritik des Gesamtelternbeirats Kindergarten Stadt Schramberg an der Schließung der Spielplätze in der Stadt Schramberg hat das Landratsamt dem Beirat nachfolgende Rückmeldung zukommen lassen:
„Wir haben für Ihre Sorgen und Bedenken großes Verständnis. Leider macht die aktuelle Pandemielage in der Stadt Schramberg die von Ihnen kritisierten Maßnahmen notwendig. Die britische Virusvariante ist viel aggressiver und somit erheblich ansteckender und führt - nach heutigem Stand - auch zu schwereren Verläufen der Infektion. Erstmals im Landkreis sind ihn Schramberg auch Kinder Hauptbelastete der Pandemie. Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht, sie aber dennoch - letztendlich vor allem auch - im Interesse der Gesundheit der Kinder vor Ort getroffen. Eine Mehrfertigung unserer Antwort auf Ihren „offenen Brief“ stellen wir den Medien zur Verfügung und selbstverständlich erhält auch die Stadt Schramberg eine Ausfertigung.
Nachfolgend nehmen wir zu Ihren Fragen Stellung:
Was ist die detaillierte Begründung der getroffenen Maßnahme?
Aufgrund des überdurchschnittlichen Vorkommens der Virusvariante B.1.1.7 in der Region Schramberg, der bekannt höheren und länger andauernden Infektiosität dieser Virusvariante sowie der schnelleren Virusübertragung bei kürzeren Kontaktzeiten insbesondere bei Kindern im Vergleich zum SARS-CoV-2-Wildtyp haben wir seitens des Gesundheitsamtes die Schließung von öffentlichen Spielplätzen und Sportanlagen empfohlen.
Bis heute konnte in der Region Schramberg bei 95% der infizierten Kleinkinder im Alter zwischen 0 und 5 Jahren die Virusvariante B1.1.7. nachgewiesen werden. Bei den infizierten Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 0 und 16 Jahren aus der „Region Schramberg“ (Stadt Schramberg und Ortsteil Tennenbronn) liegt die Rate dieser britischen Variante bei derzeit 85%.
Im Vergleich zum gesamten Landkreis Rottweil trägt die „Region Schramberg“ zu 69% den größten Anteil an derzeit mit SARS-CoV-2 V B.1.1.7 bei.
Bei den mit der britischen Virus-Variante infizierten Kindern und Jugendlichen aus dieser Region, zeigten sich innerhalb kurzer Zeit bei nahezu allen Betroffenen auch Krankheitszeichen wie Fieber, Husten, Hals- und Kopfschmerzen.
Weiter sind diese Maßnahmen damit begründet, dass der Mindestabstand von 1,5 Metern bei spielenden Kindern und Jugendlichen auf Spielplätzen und Sportanlagen nicht gewährleistet ist. Darüber hinaus ist eine erhöhte Aerosolbildung beim Sport, Spielen, Schreien und Toben bekannt, welche das Infektionsrisiko gerade im Fall der Britischen Variante deutlich erhöht.
Hierzu liegen bereits Studien vor, welche im Falle einer Infektion mit SARS-CoV-2 der Variante B.1.1.7. von einer deutlich höheren Viruslast in den Aerosolen der Aus-atemluft zeigen, welche auch die deutlich höhere Infektiosität im Vergleich zum Wildtyp zeigt. Weiter ging in diese Maßnahme mit ein, dass ein Schutz mittels medizinischer Mund-Nasen-Maske als unrealistisch angesehen wird, da es sich zum einen um Kleinkinder handelt und bei sportlicher Aktivität ein Mund-Nasen-Schutz keine Alternative darstellt.
Welche Datengrundlage führt zu der Abschätzung, dass Spielplätze besonders gefährlich sind?
Im Rahmen der Kontaktnachverfolgung konnten bereits sehr viele Kinder und Jugendliche ermittelt werden, welche Kontakt zu Infizierten hatten. Hier konnten neben Schulen und Kindergärten/Kinderkrippen als mögliche Infektionsorte auch Freizeitaktivitäten, darunter auch Spiel- und Sportplätze, ermittelt werden.
Wieviel Ansteckungen wurden auf Spielplätzen im Freien nachgewiesen? Wird dies überhaupt erfasst und wenn nein, warum nicht?
Einen Nachweis über eine Infektion, welche gesichert auf einem Spielplatz erworben wurde, kann sicherlich nur in den allerseltensten Fällen erbracht werden. Es gibt jedoch im Rahmen der Kontaktermittlung und aus den oben erläuterten Punkten Hinweise darauf, dass eine solche Infektionsmöglichkeit gegeben ist.
Warum ist eine Beschränkung der Anzahl der Kinder/Besucher auf dem Spielplatz als mildere Maßnahme nicht ausreichend?
Eine Beschränkung der Anzahl von Kindern/Besuchern auf Spielplätzen oder Sportanlagen kann eine Infektion nicht verhindern, da bei Kindern in aller Regel die notwendigen Sicherheitsabstände von mind. 1,5 Metern nicht gewährleistet sind und dies auch unabhängig von der Anzahl der Personen ist.
Welche Maßnahmen/Angebote sind vorgesehen, um den Verlust der Spielplätze für die Kinder auszugleichen? Werden z. B. andere Flächen im Freien für Erwachsene ohne Kinder gesperrt, damit die Kinder dann risikoarm an anderer Stelle ins Freie können? Oder teilen sie sich dann einfach den geringeren Platz in Parks auf den Plätzen mit den Erwachsenen (die ja ebenfalls ein berechtigtes Interesse an Naherholung haben)?
Die Beantwortung dieser Frage wäre Sache der Stadt. Aus Sicht des Gesundheitsamtes ist jedoch zu bedenken, dass die Schließung von Kinderspielplätzen und Sportanlagen vor allem auch auf die Kontaktminimierung abzielt und eine „Verlagerung von Spielräumen auf andere Plätze“ nicht zielführend ist.
Wurde über ein verstärktes Testkonzept im betroffenen Ortsteil oder im gesamten Stadtgebiet nachgedacht und wenn ja aus welchen Gründen ist es nicht umsetzbar?
Von der Stadt Schramberg, als verantwortliche Kommune, ist diesbezüglich bereits ein verstärktes, kostenloses Testangebot für symptomfreie Bürger:innen umgesetzt. Hierzu bietet die Stadtverwaltung Schramberg in Kooperation mit dem Deutschen Roten Kreuz Tennenbronn Schnelltests in der Turn- und Festhalle in Tennenbronn an.
Weiter können sich Bürger:innen beim Schnelltestzentrum in der Berneckestraße 21 in Schramberg, welches von örtlichen Apotheken und den Ortsvereinen von DRK, Feuerwehr und THW unterstützt wird, ebenfalls testen lassen. Zusätzlich bieten die lokalen Apotheken, nach vorheriger Terminabsprache ebenfalls kostenlose Tests an.
Diese Testmöglichkeiten werden vom Gesundheitsamt als ausreichend erachtet.
Wurden alternative Maßnahmen statt der Schließung der Spielplätze in Betracht gezogen, die nicht zu Lasten der Kinder gehen würden?
Es handelt sich um ein relativ großes Ausbruchsgeschehen mit der britischen Variante, bei dem v. a. Kinder im Alterssegment von bis zu 5 Jahren betroffen sind. Weitere Transmissionen sind v. a. unter Kindern zu erwarten. Aus diesem Grund befürwortet das Gesundheitsamt, den Fokus von Maßnahmen auf Spiel- und Sportplätzen zu legen. Die „Verlagerung von Spielräumen auf andere Plätze“ wäre nicht zielführend.
Wie kam es zu der Abschätzung, dass diese anderen Maßnahmen weniger erfolgsversprechend sind als die Schließung von Spielplätzen?
Aus den o. g. Gründen stehen aus infektionsepidemiologischer Sicht keine milderen Mittel zur Verfügung, um das Infektionsgeschehen zeitlich und räumlich zu entzerren bzw. die Infektionsketten zu unterbrechen.“