(Landkreis Rottweil/Schwarzwald-Baar-Kreis/Landkreis Tuttlingen) Hochwasser- und Starkregenereignisse sind in der Region nicht erst seit der Klimadiskussion bekannt. Das verheerende Hochwasser vom Februar 1990 ist noch vielen im Gedächtnis. Die Voraussage solcher Ereignisse wie auch die Berechnung gefährdeter und nicht gefährdeter Flächen in den 76 Gemeinden der Region werden dabei immer komplexer und anspruchsvoller. In diesem Bereich der hydrodynamischen Berechnungen gibt es jetzt seit Januar eine regionale Kooperation zwischen den Kreisen Rottweil, Tuttlingen und dem Schwarzwald-Baar-Kreis.
Im Rahmen des Programms zur Stärkung der Umweltverwaltung haben sich die Kreise mit Erfolg um eine allen drei Kreisen für diese wichtige Aufgabe zur Verfügung stehende und vom Land finanzierte Stelle beworben. „Auf diese Weise braucht der für die Bürgerinnen und Bürger unserer Landkreise wichtige Sachverstand nur einmal vorgehalten werden“, so die Landräte Dr. Wolf-Rüdiger Michel aus Rottweil, Stefan Bär aus Tuttlingen und Sven Hinterseh aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis. Sie freuen sich, dass die neue Fachstelle Hydraulik der drei Landkreise mit Lydia Seitz, einer im Bereich hydrodynamischer Berechnungen erfahrenen Ingenieurin, besetzt werden konnte.
Lydia Seitz arbeitete im Rahmen von Projekten an der Uni Stuttgart schon mit hydraulischen 2-D-Modellen und hat im Januar ihre Arbeit aufgenommen. Vom Amt für Umwelt, Wasser- und Bodenschutz im Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis aus wird die Ingenieurin die Plausibilisierung der hydraulischen Berechnungen für die drei Landkreise übernehmen. Für sie liegt der Reiz ihrer neuen Aufgabe für die drei Kreise in ihrem Spezialgebiet der hydrodynamischen Berechnungen und der Möglichkeit, diese neue Stelle mit Leben zu füllen und zu gestalten. Mit dieser Stelle, so Lydia Seitz, habe sie zudem die Möglichkeit, in ihrem Heimatlandkreis zu arbeiten und zu wirken. „Das ist für mich ein Glücksfall“, so die Spezialistin aus St. Georgen.
Landrat Sven Hinterseh, Schwarzwald-Baar-Kreis, begrüßt es nachdrücklich, dass nun durch eine im Bereich 2D-Berechnungen erfahrene Mitarbeiterin die Aufgabenwahrnehmung in der regionalen Wasserwirtschaft gestärkt wird. „Mit diesem Fachwissen und dem darauf zugeschnittenen Stelleninhalt, haben wir mit Frau Seitz jetzt eine Spezialistin, die den Fachplanern auf Augenhöhe begegnet. Vier Augen sehen mehr und das ist gut für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürgern wie auch für den Gewässerschutz insgesamt in unserem Quellenlandkreis“, so Landrat Sven Hinterseh.
Landrat Stefan Bär, Landkreis Tuttlingen, weist darauf hin, dass die Zunahme von Starkregenereignissen die Kommunen und die Wasserwirtschaftsverwaltung vor große Herausforderungen stellt. „Als fachliches Bindeglied zwischen Kommunen und Fachplanern ist es den Unteren Wasserbehörden mit der neu geschaffenen "Prüfstelle" nun möglich, notwendige und sinnvolle Maßnahmen, die auf der Basis von 2D-Berechnungen umgesetzt werden sollen, besser einschätzen und beurteilen zu können. Dies hilft, belastbare Entscheidungen treffen zu können", erklärt Landrat Stefan Bär.
Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel, Landkreis Rottweil, begrüßt es, dass mit der Fachstelle schwierige Wasserspiegellagen an Brücken und von Gewässern noch fundierter geprüft werden können. Dadurch werde ein erheblicher Beitrag zur Gefahrenprävention im Interesse der Bürgerinnen und Bürger geleistet.
Hintergrund I – Wann werden hydraulische Berechnungen durchgeführt?:
Mit hydraulischen Berechnungen können unter anderem Wasserspiegellagen, Überflutungsausdehnungen entlang eines Gewässers, Fließgeschwindigkeiten in Gewässern und an der Landoberfläche sowie der zeitliche Verlauf von Abflussverhältnissen dargestellt werden. Diese Berechnungsmethode wird unter anderem angewandt, um Hochwassergefahrenkarten zu erstellen. Diese Karten liefern Informationen darüber, wie stark sich eine Überflutung ausdehnt und mit welcher Überflutungstiefe zu rechnen ist. Zudem werden hydraulische Berechnungen durchgeführt, um Starkregengefahrenkarten zu erstellen oder um festzustellen, wie sich Gewässerrenaturierungen auf die Abflusssituation auswirken. Weiter werden hydraulische Berechnungen bei Mindestwasserdotierungen in Ausleitungsstrecken sowie bei Neubauten von Anlagen an Gewässern (zum Beispiel Brücken) angewandt. Darauf spezialisierte Ingenieurbüros führen in der Regel diese Berechnungen durch und der unteren Wasserbehörde obliegt es, die Ergebnisse dieser Berechnungen zu prüfen beziehungsweise zu plausibilisieren. Damit diese Plausibilisierung und Wertung auch von einer Person mit diesem speziellen Fachwissen durchgeführt werden kann, haben sich die drei Landkreise zusammengeschlossen. Durch diesen Zusammenschluss kann spezielles Fachwissen gesammelt und Kompetenzen in diesem Bereich verstärkt werden.
Hintergrund II – Wie kam es zu der kreisübergreifende Kooperation?:
Das Gutachten zur Stärkung der Umweltverwaltung empfiehlt dem Land Baden-Württemberg neben den personellen Verstärkungen im Umweltbereich, auch Kräfte durch interkommunale Kooperation auf der Ebene der Landratsämter zu bündeln. Hierfür konnten sich Landratsämter zusammenschließen und sich mit einem Fachthema um eine solche Stelle beim Umweltministerium Baden-Württemberg bewerben. Die Bewerbung der Landkreise Rottweil, Tuttlingen und Schwarzwald-Baar-Kreis 2019 war mit dem Fachthema hydraulische Berechnungen erfolgreich.
Bildunterschrift: Lydia Seitz hat die neue Fachstelle Hydraulik der Landkreise Schwarzwald-Baar-Kreis, Rottweil und Tuttlingen inne. Die Ingenieurin hat bereits Erfahrungen in hydrodynamischen Berechnungen und übernimmt vom Amt für Umwelt, Wasser- und Bodenschutz des Landratsamtes Schwarzwald-Baar-Kreis aus die Plausibilisierung der hydraulischen Berechnungen für die drei Landkreise.