Modellprojekt zeigt Lösungsansätze, um ärztliche Versorgung zu sichern


(Schwarzwald-Baar-Heuberg) Wie kann dem Ärztemangel im ländlichen Raum entgegengewirkt werden? Die Landkreise Schwarzwald-Baar-Kreis, Tuttlingen und Rottweil haben dazu ein Modellprojekt durchgeführt. Ziel war es, zu erfahren, wie die Herausforderung angepackt werden kann. Zudem wurde die Planung betrachtet, mit welcher der Bedarf an Ärzten im Kreis am besten zu decken wäre.
 
Fest steht, auch wenn das Modellprojekt nach zweijähriger Laufzeit nun beendet ist, die Ergebnisse müssen nun weitergetragen werden. In der Pflicht sind die Kassenärztliche Vereinigung, die Städte und Gemeinden aber auch die Ärztinnen und Ärzte. Die Landkreise sehen sich in der Rolle, die Akteure weiterhin zu unterstützen.
 
Lösungsansätze sieht das Modellprojekt darin, attraktive Arbeitsmodelle für den ärztlichen Nachwuchs zu schaffen, indem lokale Gesundheitszentren aufgebaut werden. Weiter könnten Verbünde für Weiterbildungen zwischen den niedergelassen Ärzten und Kliniken gegründet werden.
 
Vorschlag: Bedarf an Ärzten an anderen Planungsräumen ausrichten
Eines der Probleme zur ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum wurde in dem Modellprojekt darin ausgemacht, dass sich ein Arzt nicht dort niederlassen kann, wo er dies gerne möchte. Die Kassenärztliche Vereinigung prüft die Zulassung in einem Verfahren, welches sich an der Bedarfsplanung ausrichtet. Schwierig für den Schwarzwald-Baar-Kreis wird dies deshalb, weil die Kassenärztliche Vereinigung den Landkreis für diese Berechnung in zwei Bereiche aufteilt. Dadurch entsteht ein Bild, welches die Realität der Versorgung durch Ärzte vor allem in den Schwarzwaldgemeinden nicht umfänglich abbildet. Während die Ärzteversorgung im Oberzentrum Villingen-Schwenningen sehr gut ist, hat ein Arzt in den Schwarzwaldgemeinden wie Triberg, Schonach und Schönwald sowie Furtwangen und Vöhrenbach 50 Prozent mehr an Patienten zu versorgen. Dieses Ungleichgewicht, so das Ergebnis des Modellprojektes, sollte seitens der Kassenärztlichen Vereinigung durch eine kleinräumigere Betrachtung wieder ausgeglichen werden.
 
Erkenntnis: Junge Ärzte wollen moderne Arbeitsbedingungen
 
Wissenschaftlich begleitet wurde das Modellprojekt durch das Forschungs- und Beratungsinstitut Quaestio aus Bonn und das Institut für Allgemeinmedizin der Goethe-Universität Frankfurt. Die Institute haben festgestellt, dass junge Ärzte vor allem moderne Arbeitsbedingungen suchen, die sie meist in Gemeinschaftspraxen, lokalen Gesundheitszentren oder ärztlichen Kooperationsmodellen finden. Diese Modelle sind für Nachwuchsmediziner vor allem deshalb attraktiv, weil hier die Arbeitszeiten flexibler sind, Teamarbeit und eine Entlastung bei Verwaltungsaufgaben geboten werden können. Um die Patienten in der Fläche zu versorgen, können bei diesem Modell Standorte und Zweigstellen eingerichtet, Hausbesuche durch nichtärztliche Teammitglieder durchgeführt oder Patientenbusse bereitgestellt werden.
 
Tatsächlich werden jedoch in der Modellregion Schwarzwald-Baar-Heuberg 91 Prozent der Hausarztpraxen als Einzel- oder Doppelpraxen geführt. Hier lautet die Empfehlung, die Ärzte darin zu unterstützen, lokale Gesundheitszentren zu bilden, um für den Nachwuchs attraktiv zu sein.
 
Ergebnisse des Modellprojekts
 
Das Modellprojekt hatte zum einen ein Eckpunktekonzept zur Nachwuchsförderung im Landkreis Tuttlingen zum Ergebnis. Weiter ist geplant, eine Servicestelle für Ärzte einzurichten. Zudem ist ein Verbund zur Weiterbildung der Ärzte in Planung, an dem sich das Klinikum Tuttlingen beteiligt. Hier sollen die Ärzte frühzeitig eingebunden werden.
Wichtig war vor allem, dass das Thema „Sicherung der medizinischen Versorgung“ bei Städten, Gemeinden und Landkreisen bekannt gemacht wurde. Zudem wurden Handlungsansätze für Städte und Gemeinden erarbeitet.
 
Wichtiges Ergebnis aus dem Modellprojekt war der Vorschlag zur kleinräumigen Bedarfsplanung, der im Schwarzwald-Baar-Kreis erarbeitet wurde.
 
Die Landkreise zum Modellprojekt
 
Landrat Stefan Bär, Landkreis Tuttlingen: „Die ärztliche Versorgung ist das TOP-Thema in den Städten und Gemeinden, neben dem Breitbandausbau.“ Primär, so Landrat Bär, seien es jedoch auch die Städte und Gemeinde, die in diesem Thema gefordert seien. Sicherlich würden sie dabei die Unterstützung der Landkreise erfahren. Als ein erfolgreiches Modell, durch welches bereits junge Ärzte gewonnen werden konnte, nannte Landrat Stefan Bär die Tuttlinger DonauDocs. Hier gibt es bei der Stadt Tuttlingen eine Geschäftsstelle, die sich um die Anliegen der angehenden Ärzte kümmere. Zudem sei derzeit die „Telemedizin“ in Tuttlingen als Pilot in der Projektphase.
 
Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel, Landkreis Rottweil betonte die Zuständigkeiten beim Thema Ärzteversorgung: „Wir müssen diejenigen, die bei diesem Thema zunächst in der Verantwortung sind auch dort belassen. Das heißt konkret, dass die Kassenärztliche Vereinigung die Ärzteversorgung im ländlichen Raum bewerkstelligen muss. Schafft sie das nicht, stellt sich die Frage nach der Wirksamkeit dieser Einrichtung.“ Richtig sei, dass die Versorgungsbezirke kleinräumiger geplant werden sollten. Im Landkreis Rottweil seien bereits zahlreiche Gesundheitszentren, vor allem auch durch die Mithilfe der Städte und Gemeinden, umgesetzt worden. Auch das im Landkreis Rottweil laufende Projekt TeleDerm – ein Projekt zur telemedizinischen Vernetzung von Haus- und Facharzt zur Behandlung von Hauterkrankungen – ist ein Weg in die richtige Richtung.
 
Landrat Sven Hinterseh, Schwarzwald-Baar-Kreis fasste zusammen: „Der Prozess des Modellprojektes hatte einen großen Wert, obwohl wir für das Thema „Ärztliche Versorgung“ nicht zuständig sind. Es ist dabei gelungen, dass sich alle Akteure an einem Tisch austauschen konnten und sich weitere Veranstaltungen anschließen.“ Er begrüße es ausdrücklich, den Bedarf an Ärzten kleinräumiger zu planen.
 
Modellprojekt unterstützt durch Land Baden-Württemberg
Das Modellprojekt zur ambulanten Versorgung wurde durch das Land Baden-Württemberg mit 255.000 Euro finanziell unterstützt. „Viele Regionen in Baden-Württemberg werden in der Zukunft ähnlich wie die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg mit Herausforderungen wie dem Ärztemangel konfrontiert werden. Mit dem Modellprojekt zur ambulanten Versorgung wurden hier sehr gelungene und konkret nutzbare Handlungsempfehlungen für Kommunen erstellt, wie diese die Gesundheitsversorgung vor Ort sichern können“, sagte Dr. Monika Vierheilig, Ministerialdirigentin beim Ministerium für Soziales und Integration.
 
„Ähnlich wie ein weiteres Modellprojekt in der Region Südwürttemberg (Biberach, Ravensburg, Reutlingen) wegweisende Erkenntnisse für die sektorenübergreifende Versorgung lieferte, erzeugte das Modellprojekt in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg wertvolles Handlungswissen über die ambulante Versorgung“, so Dr. Monika Vierheilig. Beide hochspannende Projekte fänden bundesweit große Beachtung, und deren Ergebnisse könnten gegebenenfalls auf das gesamte Land ausstrahlen.
 
 
INFO:
 
Im Rahmen des Modellprojekts zur Sicherung der ärztlichen Versorgung waren die Landkreise der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg im Dialog mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, Krankenhäusern, den Städten und Gemeinden sowie der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW).
 
Der Abschluss des Modellprojekts bedeutet für die Kommunen und ihre Partner nicht das Ende der gemeinsamen Arbeit, sondern markiert den Beginn der nächsten Arbeitsphase: Die im Rahmen des Projekts gegründeten Arbeitsgruppen werden nun die Initiative übernehmen und die angestoßenen Prozesse weiter vorantreiben.
 
Das Projekt wurde durch das Ministerium für Soziales und Integration des Landes Baden-Württemberg gefördert und in Kooperation mit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, sowie den Krankenkassen durchgeführt.
 
Weitere Infos zum Projekt: www.landarzt-sbh.de.
 
 

Bildunterschrift: Ärztemangel im ländlichen Raum: Die Landkreise Schwarzwald-Baar-Kreis, Tuttlingen und Rottweil haben dazu ein Modellprojekt durchgeführt. Lokale Gesundheitszentren und eine kleinräumige Bedarfsplanung sind Lösungsansätze. Den Abschlussbericht überreichten jetzt Dr. Antje Erler, Universität Frankfurt und Bernhard Faller, Leiter Forschungsinstitut Quaestio an die Landräte Sven Hinterseh, Dr. Wolf-Rüdiger Michel und Stefan Bär.